Szenario 2 | Privater Bauherr vs. Bauunternehmer
Einblick Bauvorhaben
Eine Familie aus Brandenburg zieht kurz nach der Wende nach Süddeutschland und möchte nach 20 Jahren mit Beginn des Ruhestandes in die alte Heimat nahe Berlin zurückziehen. Ein ortsansässiger Bauunternehmer bietet ein kleines, altersgerechtes Einfamilienhaus mit Anliegerwohnung an, das schlüsselfertig übergeben wird.
Was ist das Problem?
Bei der Abnahme des Hauses stellt ein befreundeter Architekt der Familie fest, dass die Kellerwände feucht sind. Die Abnahme wird verweigert, die ausstehenden 50 Prozent der Restsumme werden einbehalten.
Der Bauherr zieht nicht ein, der Bauunternehmer wartet auf sein Geld.
So argumentieren die Konfliktparteien
Privater Bauherr:
Wir haben ein Unternehmen beauftragt, das seit 25 Jahren auf dem Markt ist und uns ein schlüsselfertiges Eigenheim mit genauem Einzugsdatum zugesichert hat. Alle Abschlagszahlungen haben wir fristgerecht geleistet. Wir gingen davon aus, dass wir uns um nichts kümmern müssen. Jetzt sind wir schwer enttäuscht und fühlen uns hinters Licht geführt: Wir stehen ohne Wohnung und ohne Haus da – und wir wissen nicht, wie es weitergeht.
Bauunternehmer:
Ich habe der Bauherrenschaft viele Male gesagt, dass ihr Baugrundgutachten nicht ausreicht und dass keine Information zum Grund- und Schichtwasser vorliegt. Es wurde auf die günstigste Lösung zur Kellerabdichtung bestanden. Mein guter Rat wurde in den Wind geschlagen und es hagelte Vorwürfe: Ich wolle nur mehr Geld, ich sei ein Geldvernichter. Mein untadeliger Ruf wird in den Schmutz gezogen, andere Bauherren sprangen inzwischen von ihren Aufträgen zurück. Ich musste schon Mitarbeiter entlassen.
Was ist der Mediationsansatz?
Interessen klären
Interesse Bauherr: Die alte Wohnung ist gekündigt, alles ist für den Umzug vorbereitet; das Haus soll endlich fertig sein
Interesse Bauunternehmer: Möchte ausstehendes Geld haben und seine Mitarbeiter, Subs und Bauhändler bezahlen
Bedürfnisse benennen
Bedürfnis Bauherr: Sicherheit; Existenzangst, Gesundheit steht auf dem Spiel
Bedürfnis Bauunternehmer: Anerkennung der erbrachten Leistungen, Existenzangst, Angst vor einem Renommee-Verlust
Wie sieht die Mediationsvereinbarung aus?
Die Parteien erarbeiten Lösungsoptionen und treffen folgende Vereinbarungen:
- Ein Einzug in das Haus ist unter den gegebenen Umständen nicht möglich.
- Ein gemeinsam bestimmter Schadensgutachter wird zur Ursachenforschung hinzugezogen.
- Die Versicherungen der Konfliktpartien werden informiert und in die Mediation einbezogen.
- Die Trocknung der Innenräume wird vom Bauherren finanziell übernommen.
- Die nachträgliche Isolierung der Außenwände wird von der Baufirma übernommen. Die Kosten übernimmt zum Teil die Versicherung des Baugrundgutachters, die Restkosten werden anteilig vom Bauherren und der bauausführenden Firma bzw. von deren Versicherungen übernommen.
- Die Bauherrenschaft kann bis zur Fertigstellung unentgeltlich in einer Ferienwohnung der bauausführenden Firma wohnen.
- Es werden keine rufschädigenden Informationen nach außen gegeben.