WirtschaftsMediation | Fallbeispiele | Szenario 1

Szenario 1 | Nachfolge Familienunternehmen

Arbeiter im Gespräch

Einblick status quo Unternehmen

Ein Bäckermeister und Inhaber einer Bäckerei in der dritten Generation steuert auf den Ruhestand zu. Das familiengeführte Unternehmen hat drei Filialen. Der Sohn des Bäckermeisters hat einen Gesellenbrief, arbeitet in der Backstube mit und soll die Bäckerei übernehmen, die Tochter arbeitet bei Bedarf im Verkauf mit. Aufgrund der Expansion in den letzten Jahren und dem damit einhergehenden hohen Arbeitsaufkommen wurde noch ein weiterer Bäckergeselle eingestellt. Ihm wurde versprochen, dass er berufsbegleitend die Ausbildung zum Bäckermeister absolvieren dürfe.

Was ist das Problem?

Beim Bäckermeister ist eine Mehlallergie festgestellt worden, er soll seine Tätigkeit so schnell wie möglich beenden. Es besteht also dringender Handlungsbedarf, die Nachfolge im Familienunternehmen zu klären. Die ersten Gespräche untereinander, ohne Beteiligung einer Mediation, haben aufgezeigt, dass die Positionen, Interessen und Bedürfnisse sehr unterschiedlich sind und keinen Konsens ermöglichen.

Wie verläuft die Mediation?

Bei der Mediation wird schnell klar, dass aufgrund der Mehlallergie des Bäckermeisters eine rasche Klärung nötig ist. Die Eskalationsstufe ist noch sehr niedrig: Alle Beteiligten agieren lösungsorientiert und wollen die Mediation schnell durchlaufen. Viele Themen wurden im Vorfeld nicht angesprochen, da mit den persönlichen Befindlichkeiten innerhalb der Familie sehr vorsichtig umgegangen wird.

Was ist der Mediationsansatz?

Interessen klären

Interesse Bäckermeister: möchte die Bäckerei und die Verantwortung abgeben, schnelle Regelung der Nachfolge, gütliche Einigung mit allen Beteiligten
Interesse Sohn: schnelle Regelung der Nachfolge, möchte aus dem Unternehmen aussteigen und sich beruflich verändern
Interesse Tochter: schnelle Regelung der Nachfolge, möchte weiter im Unternehmen beschäftigt sein
Interesse Bäckergeselle: möchte Klarheit, wie es im Unternehmen für ihn persönlich weitergeht

Bedürfnisse benennen

Bedürfnis Bäckermeister: Existenz im Alter absichern, möchte seine Gesundheit in den Mittelpunkt stellen, Einvernehmen innerhalb der Familie sichern
Bedürfnis Sohn: wünscht sich einen beruflichen Neuanfang, Einvernehmen innerhalb der Familie sichern
Bedürfnis Tochter: berufliche Existenz im Unternehmen sichern, Einvernehmen innerhalb der Familie sichern
Bedürfnis Bäckergeselle: berufliche Existenz sichern, echte berufliche Perspektive erhalten

Wie sieht die Mediationsvereinbarung aus?

Die Parteien erarbeiten Lösungsoptionen und treffen folgende Vereinbarungen:

  • Die Bäckerei wird zum nächstmöglichen Zeitpunkt an den Gesellen überschrieben.
  • Der Bäckermeister bleibt solange im Unternehmen als Meister benannt, bis der Geselle seinen Meistertitel erworben hat.
  • Die Kaufsumme wird anteilig / hälftig als Rente an den Bäckermeister ausgezahlt.
  • Der andere Teil wird an die beiden Kinder des Bäckermeisters ausgezahlt.
  • Die Tochter erhält einen Arbeitsvertrag mit 20 Stunden in der Woche und einen geregelten Urlaubsanspruch.
  • Der Sohn steigt aus dem Bäckerhandwerk aus.